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Mehr als sechs Mona­te sind ver­gan­gen seit mei­nem letz­ten Post, was vor Allem dar­an liegt, dass ich auf Hoch­tou­ren an mei­nem Buch arbei­te. Ich sehe mich des­halb ver­an­lasst, auch weil es meh­re­re Nach­fra­gen schon gab, zu erklä­ren, wor­an ich genau arbei­te und eine Art Resü­mee zum Jahr 2023 zu zie­hen, das sich lang­sam dem Ende neigt.

Mei­ne Lehrtätigkeit

All dies hängt mit einer ehren­amt­li­chen Lehr­tä­tig­keit zusam­men, die ich Ende 2019 auf­ge­nom­men habe. Ich wur­de, weil ich bereits im ers­ten Semes­ter mei­nes Mathe­ma­tik­stu­di­ums posi­tiv auf­ge­fal­len bin, gefragt, ob ich nicht die Muße hät­te, begab­te Schü­ler in mei­ner Frei­zeit zu unterrichten.

Die Mathe­ma­ti­sche Schü­ler­ge­sell­schaft „Leon­hard Euler“ (kurz MSG) such­te näm­lich nach neu­en Lehr­kräf­ten, die man in dem Jar­gon „Zir­kel­lei­ter“ nennt. Die Klas­sen hei­ßen dem­entspre­chend „Zir­kel“. Die MSG ist eine Ver­ei­ni­gung, die schon zu Zei­ten Erich Hon­eckers gegrün­det wor­den ist, und als Ziel hat­te, mit­un­ter den kapi­ta­lis­ti­schen Wes­ten aus­zu­ste­chen. Der Osten hat­te damals schon in den olym­pi­schen Spie­len und in der jähr­li­chen Pro­duk­ti­on von Spree­wald­gur­ken einen gro­ßen Vor­sprung, man woll­te den nun auch auf dem Gebiet der Mathe­ma­tik aus­bau­en. Da war die MSG, neben der Grün­dung der Mathe­ma­tik-Olym­pia­de, ein wei­te­res Mit­tel, um dem Sozia­lis­mus zum Sieg zu ver­hel­fen. Soweit die Geschich­te; mitt­ler­wei­le gibt es die MSG immer noch, wird von den drei gro­ßen Ber­li­ner Uni­ver­si­tä­ten betreut (orga­ni­sa­to­risch haupt­säch­lich an der Hum­boldt-Uni­ver­si­tät) und fir­miert sogar mitt­ler­wei­le mit total tren­di­gem Genderstern.

Da dach­te ich mir: „War­um nicht? Ich mache mal mit!“ Schon früh lern­te ich aber den Auf­wand ken­nen, den so eine Lehr­tä­tig­keit mit sich brach­te. Ich bekam einen Siebt­kläss­ler-Zir­kel zuge­teilt und begann zu unter­rich­ten. Zu ande­rer Gele­gen­heit könn­te ich mehr dazu plau­dern, aber neben den schö­nen Aspek­ten des Leh­rens begann ich lang­sam zu ver­ste­hen, wes­halb die MSG es offen­bar immer wie­der schwer hat­te, neu­en Lehr­nach­wuchs zu rekrutieren.

Denn ich hat­te alle Pflich­ten und Nach­tei­le eines Leh­rers über­nom­men, ohne einen ein­zi­gen Cent dafür bezahlt zu wer­den. Inner­halb der Stun­den muss­te ich mich also mit sehr lau­ten Schü­lern her­um­schla­gen, Schü­lern, die Papier­flie­ger war­fen und Schü­lern, die ohne Kopf­hö­rer und bei vol­ler Laut­stär­ke You­Tube-Vide­os schau­ten, weil sie das zuhau­se ja nicht dürf­ten. Letz­te­res war übri­gens einer der weni­gen Fäl­le, wo ich einen Schü­ler auch ein­fach raus­ge­wor­fen habe. Manch­mal sind die Eltern die grö­ße­ren Pla­gen. Wenn ich etwa Scho­ko­la­de zur Weih­nachts­zeit ver­tei­le und sich eine Mut­ti beschwert, ich wür­de einen Dia­be­tes-Anschlag auf ihr süßes Sören-Söhn­chen ver­üben, dann kann das ordent­lich auf die Lau­ne schlagen.

Die Dar­stel­lung im letz­ten Absatz ist natür­lich nur eine Samm­lung der schlimms­ten Fäl­le und es gab natür­lich auch schö­ne Momen­te. Gäbe es kei­ne, wür­de ich das heu­te ja nicht mehr machen. Viel­leicht berich­te ich dar­über eines Tages mehr.

Lehr­ma­te­ria­li­en?

Eines der zeit­rau­bends­ten Pro­ble­me war der Man­gel an Lehr­ma­te­ria­li­en. Stoff, den man schü­ler- und alters­ge­recht für Begab­te ver­mit­teln könn­te, gab es nicht. Man könn­te zwar den Stoff der höhe­ren Klas­sen ver­mit­teln, aber das wäre nicht ziel­füh­rend, weil die Schü­ler sich ansons­ten lang­wei­len wür­den, wenn sie mehr­mals das Glei­che lern­ten. Ande­rer­seits konn­te man uni­ver­si­tä­re Wer­ke nicht benut­zen, da sie ent­we­der zu viel vor­aus­setz­ten oder in einem Sti­le for­mu­liert waren, die sich nicht eigneten.

Als letz­tes blie­ben viel­leicht noch Bücher zum The­ma „Unter­hal­tungs­ma­the­ma­tik“. Damit mei­ne ich sol­che Art von Rät­seln, die man in Zei­tun­gen abdru­cken und für ein grö­ße­res Publi­kum prä­sen­tie­ren wür­de. Fra­gen zu Rubriks Wür­fel, Sudo­ku und Kar­ten­spie­len wür­den zum Bei­spiel dar­un­ter fal­len. Auch wenn ich sol­che Art von Kno­be­lei­en mag, so muss ich lei­der zuge­ben, dass sie fürch­ter­lich seicht sind. Denn Auf­ga­ben, die sich an ein gro­ßes Publi­kum rich­ten, müs­sen natür­lich so for­mu­liert und vor­aus­set­zungs­arm sein, dass das besag­te Publi­kum sie auch versteht.

Nein! Das woll­te ich nicht oder nur in gerin­gem Maße mit mei­nen Schü­lern machen. Ich woll­te mei­nen Schü­lern schon Fach­wis­sen ver­mit­teln, das man auch im Stu­di­um noch anwen­den kann. Die Mathe­ma­tik selbst besitzt eine beein­dru­cken­de phi­lo­so­phi­sche Tie­fe, die man mit einem wiss­be­gie­ri­gen Publi­kum dis­ku­tie­ren kann: Was ist Unend­lich­keit? Gibt es unend­lich klei­ne Zah­len? Was ist die Gren­ze unse­res Wis­sens? War­um kön­nen wir man­che Aus­sa­gen nicht bewei­sen? War­um ist es über­haupt mög­lich, Aus­sa­gen in der Mathe­ma­tik zu bewei­sen? All die­se Fra­gen könn­te man schon anhand von leich­ten Bei­spie­len erörtern.

Da es aber, wie erwähnt, an einem Lehr­buch man­gelt, wel­ches Lai­en bil­den möch­te, aber zugleich eine gewis­se Tie­fe hat, habe ich somit beschlos­sen, selbst ein Buch zu schreiben.

Aller Anfang ist schwer

Wie es sich für jede Mathe-Buch gehör­te, begann ich also ein neu­es Doku­ment in LaTeX auf­zu­set­zen. LaTeX beherrsch­te ich schon vor­her, also war das für mich die bequems­te Wahl. Irgend­wann bin ich auch, weil die Ansprü­che mir nicht mehr reich­ten, auf einen ande­ren Kom­pi­lie­rer, LuaL­a­TeX, umge­stie­gen, aber die unge­fäh­re Rich­tung blieb noch immer bestehen.

Für mein Buch begann ich auch extra, an diver­sen Vek­tor­gra­fi­ken zu arbei­ten, da ich schon früh die Visi­on hat­te, ein mög­lichst far­ben- und bil­der­rei­ches Mathe­ma­tik­buch zu kre­ieren und einen Kon­trast zu ande­ren, farb­lo­sen und drö­ge­ren Büchern zu bie­ten. Dafür erlern­te ich eben­so, wie man Vek­tor­gra­fi­ken mit TikZ erstellt und wie man Ver­an­schau­ungs­ma­te­ri­al mit Python gene­riert. Wiki­me­dia Com­mons half mir noch wei­ter mit wei­te­ren Fotografien.

Ich war schon immer sehr expe­ri­men­tier­freu­dig gewe­sen und war auch damals gewillt, immer wie­der umzu­stei­gen, sodass von der dama­li­gen Skript-Ver­si­on nicht mehr viel übrig geblie­ben ist.

Gauß­sche Sum­men­for­mel (Ver­si­on von 2019 vs. die von 2023)

Es wäre über­trie­ben, wenn ich das als Ein-Mann-Pro­jekt dar­stel­len wür­de. Beson­ders zu mei­ner Zeit, als ich sehr krank war, war ich auf die tat­kräf­ti­ge Hil­fe von Vie­len angewiesen. 

Am Ende ist dar­aus ein Sam­mel­su­ri­um vie­ler ver­schie­dens­ter The­men ent­stan­den. Zum Glück hat­te ich die Frei­heit zu ent­schei­den, was für The­men ich in mei­nen Zir­keln genau bespre­chen darf (und da ich meh­re­re Zir­kel hat­te, konn­ten die Schü­ler als gute Ver­suchs­ka­nin­chen für mein Skript her­hal­ten). Für die 7. und 8. Klas­se hat­te ich noch halb­wegs Mate­ria­li­en, auf die ich zurück­grei­fen und sam­meln konn­te. Ich woll­te aber ein Buch schrei­ben, das von der 7. bis in die 12. Klas­se reicht, also die gesam­te gym­na­sia­le Stu­fe in Berlin/​Brandenburg umfasst. Was also machen?

Der Schrift­stel­ler Geor­ge R. R. Mar­tin bezeich­net sich selbst als eine Art Gärt­ner, der Pflan­zen gießt, die­se aber von selbst sich ent­wi­ckeln lässt. So ähn­lich bin ich bei den rest­li­chen The­men auch ver­fah­ren. Immer wie­der stieß ich beim Lesen von Fach­bü­chern und ande­ren Arti­kel auf The­men, bei denen ich nach­dach­te „Hm, kann ich das schü­ler­freund­lich leh­ren?“ Falls ja, gelang­te dies in mei­ne Noti­zen, wor­aus ein regel­rech­tes Pot­pur­ri ent­stand. Bis heu­te bin ich damit beschäf­tigt, dies alles in eine ordent­li­che Rei­hen­fol­ge zu brin­gen und zu ord­nen. Aber ansons­ten „sprie­ßen“ die The­men und Unter­richts­ein­fäl­le direkt aus mei­nem Kop­fe her­aus. Mitt­ler­wei­le sind es 18 Kapi­tel gewor­den und viel­leicht wer­de ich im ers­ten Teil mei­nes Buches die 20 errei­chen, aber ich fürch­te, mir gehen lang­sam die Sei­ten­zah­len aus, zumal der Trend heut­zu­ta­ge zu eher kür­ze­ren Mono­gra­fien geht.

Die Devi­se ist, dass ich mög­lichst aus­ge­fal­le­ne und krea­ti­ve Pro­ble­me behan­deln will. Wie man mit­hil­fe des chi­ne­si­schen Rest­sat­zes Nach­rich­ten ver­schlüs­selt? Rein! Wie man kubi­sche Wur­zeln löst? Igitt, zu auf­wen­dig. Raus! Ob man bei einem Fast­food-Restau­rant sich 571 Chi­cken-Nug­gets kau­fen kann, wenn das Restau­rant nur Chi­cken-Nug­gets in bestimm­ten Por­ti­ons­grö­ßen anbie­tet? Ja klar, rein!

Inhal­te mei­nes Buches

Am Ende habe ich mich also bemüht, in mei­nem Buch mög­lichst The­men aus der Schul­ma­the­ma­tik zu ver­mei­den oder in grö­ße­rem Detail zu behan­deln. An uni­ver­si­tä­rer Mathe­ma­tik woll­te ich nicht mehr behan­deln als das, was man sowie­so im ers­ten Jahr ler­nen wür­de. Dadurch las­sen sich in dem Buch vie­le The­men fin­den, die für die Schul­ma­the­ma­tik zu schwer sind, für die uni­ver­si­tä­re Mathe­ma­tik aber zu seicht. Dar­un­ter gehö­ren unter anderem:

  • Gra­phen­theo­rie: Kann ich bei einer gege­be­nen Kar­te jede Stra­ße genau ein­mal ablaufen?
  • Modu­la­re Arith­me­tik: Wie spei­chert ein Com­pu­ter eigent­lich Zah­len ein?
  • Logik und Men­gen­leh­re: In wel­chem Sin­ne ist die Mathe­ma­tik „unvoll­stän­dig“?
  • Alge­bra: Was für eine eigen­ar­ti­ge Ver­bin­dung zwi­schen Pi und Prim­zah­len gibt es?
  • Par­ket­tie­run­gen: Was für Kacheln kann ich benut­zen, um den Fuß­bo­den mit einem wie­der­keh­ren­den Mus­ter zu belegen?

Und noch vie­le mehr, denn die Mathe­ma­tik ist ein rie­si­ges Gebiet, wo man noch so viel behan­deln kann!

Rechen­auf­ga­ben, die sich mit dem Taschen­rech­ner bewäl­ti­gen las­sen, habe ich auf ein Mini­mum beschränkt; eher ver­lan­ge ich in mei­nen Auf­ga­ben Bewei­se und logi­sches Den­ken. Ich will freie Den­ker und kei­ne Rechen­tie­re ausbilden.

Ein Ver­trag mit einem Verlag

So geschah es schon 2020, dass ich mich an einen Ver­lag mit mei­nem Skript her­an­wag­te. Für sol­che Art von Lite­ra­tur gibt es auf dem Markt eigent­lich nur einen ein­zi­gen Ver­lag. Lei­der trägt er den Namen „Sprin­ger“ (bzw. seit neu­es­tem „Sprin­ger Natu­ral“). Der Name hat auf­grund der vie­len ver­öf­fent­lich­ten Lehr­bü­cher ein gutes Renom­mee, ist aber auch ver­gif­tet wegen der Namens­gleich­heit mit dem Ver­lag, der die Blöd-Zei­tung her­aus­bringt. Wie oft ich schon mei­nen Ver­wand­ten erzäh­len muss­te, dass der Ver­lag nichts mit der „Sprin­ger-Pres­se“ am Hut hat!

Zu mei­ner Über­ra­schung reagier­te der Ver­lag sehr schnell (zumin­dest bei Roman­ma­nu­skrip­ten habe ich gehört, dass es für Rück­mel­dun­gen teils sehr lan­ge dau­ert) und es schien eine gute Sache. Jedoch gab es noch am Anfang sehr vie­le Unklar­hei­ten, wie mein Buch kon­zi­piert sein wird (ich habe ja noch meh­re­re grö­ße­re Revi­sio­nen die letz­ten Jah­re ange­strengt, damit mein Buch bes­ser aus­sieht), wes­halb es zunächst nichts wei­ter gab als ein infor­mel­les posi­ti­ves Nicken. Erst in die­sem Jahr gab es mehr Bewe­gung und ich hat­te einen Ver­trag in der Tasche und es gibt gute Chan­cen, dass mein Buch 2025 erscheint!

Bil­der für die Zukunft

Zu guter Letzt lag mein Schwer­punkt auf eine mög­lichst umfang­rei­che Bebil­de­rung des Buches, wes­halb ich sogar eine Künst­le­rin enga­giert habe, die nach mei­nen Vor­stel­lun­gen Illus­tra­tio­nen fer­tigt, um das Lese­er­leb­nis zu ver­sü­ßen. Dafür habe ich auch schon einen vier­stel­li­gen Betrag inves­tiert und ich mer­ke, dass mich das finan­zi­ell etwas stra­pa­ziert, bin aber der Über­zeu­gung, dass es mei­nem Pro­jekt auf lan­ge Sicht gut­tun wird.

Und wie wird es wei­ter­ge­hen? Mein Buch wird in zwei Tei­le gespal­ten, der ers­te Teil wird etwa 450 Sei­ten umfas­sen und unge­fähr genau so vie­le Bil­der ent­hal­ten. Ich habe jeden­falls schon so gro­ße Fort­schrit­te in der zwei­ten Hälf­te von 2023 erreicht, dass ich mit Opti­mis­mus ins Jahr 2024 blicke!

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